Bei der Polyfonenmikrofonierung, die als
Hauptmikrofonierung anzusehen ist werden drei Mikrofone mit beliebiger Richtcharakteristik, die mit bestimmten Mikrofonbasen zueinander vor der Schallquelle aufgestellt . Dabei soll das Signal des rechten Mikrofons
bei der Wiedergabe ausschließlich auf den rechten, das Signal des linken Mikrofons ausschließlich auf den linken und das mitten Signal ausschließlich auf den Mitten- Lautsprecher zu hören sein.
Ein Problem bei dieser Variante der Hauptmikrofonierung tritt auf, wenn man bei der Aufnahme eine zu kleine Mikrofonbasis wählt. Denn jedes der drei sich
aus der Anordnung ergebende Mikrofonpaare LM, MR und LR erzeugen untereinander jedes für sich eine Phantomschallquelle, deren Orte sich nicht
decken. Dadurch entsteht nur ein diffus lokalisierbares Hörereignis und nicht wie anzunehmen die Entstehung drei getrennter Hörereignisse. Auch bekommt man
das Problem des lokalisierbaren Hörereignisses mit einer koinzidenten Anordnung von drei Richtmikrofonen, ähnlich der Intensitätsstereofonie nicht in
den Griff. Das Ergebnis ist meistens eine unscharfe Aufnahme und führt zusätzlich noch zu Klangverfärbungen. Bei einer Ausdehnung der Mikrofone
untereinander auf einen Abstand der eine getrennte Laufzeit- und Pegeldifferenz zwischen den einzelnen Mikrofonen zulässt und somit nicht mehr zu einer
Summenlokalisation zwischen den Lautsprechern beiträgt, kann die Anwendung bei ausgedehnten Klangkörpern bzw. mehreren Schallquellen als Polymikrofonie
der Mehrkanalaufnahme angesehen werden. Auch hier müssen die Grundlagen der Stereofonie beachtet werden. Es müssen die Verhältnisse der Mikrofone zu
den Schallquellen, unter- und zueinander genau ermittelt werden. Nur wenn die Mikrofone soweit auseinander stehen, dass stets bei leicht seitlich ausgelenkten
Schallquellen größere Laufzeit und aufgrund des Entfernungsunterschieds Pegeldifferenzen auftreten, ist das Prinzip der Polymikrofonie gewährleistet.
Die Lautsprecher fungieren, sofern von geeigneten Panoramaeinstellungen mal abgesehen wird als Ersatzschallquelle. Dabei beschränkt sich die Lokalisation
von Hörereignissen ausschließlich auf 100% links, rechts und Mitte. Dies ist unvermeidbar, möchte man mit dieser Mikrofonanordnung bei der Wiedergabe
von ausgedehnten Klangkörpern die volle Lautsprecherbasisbreite nutzen. Durch die extreme Abbildung der beiden Kanäle links/ rechts ist mit einem sogenannten
„ Loch in der Mitte“ wie bei der reinen Stereofonie nicht zu rechnen, da das Loch durch die Signale des Mittenlautsprechers ausgefüllt wird. Dazu existiert
zusätzlich noch ein sogenannter Lokalisationsunschärfebereich,
der je nach Beschaffenheit des Signals, die extreme Einstellung der Wiedergabe
leicht mildert. Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist , dass der Lokalisations- Ort beinahe unabhängig von der Hörposition ist und so für die 3/2- Wiedergabe eine gute Variante darstellt.
Doch anhand des von J. Blauert aufgestellten Gesetzes der ersten Wellenfront versucht man dieses Verfahren der Polyfonie auch zur Summenlokalisation und
damit eine kontinuierliche Erzeugung von Hörereignissen zwischen den drei Frontlautsprechern bei einer Wiedergabe zu erreichen. Man geht davon aus,
dass die jeweiligen Laufzeitunterschiede zwischen den einzelnen Mikrofonen exakt 1,1 ms betragen um eine Lokalisation vornehmen zu können. Das würde
bedeuten, wenn eine Schallquelle direkt auf der Mittelachse der Wiedergabebasisbreite lokalisierbar wird, dann ist eine Laufzeitdifferenz von 1,1
ms zwischen dem mittleren und den beiden anderen Mikrofonen (linkes / rechtes) gegeben. Dasselbe gilt auch hier für seitlich eintreffenden Schall eines
Klangkörpers wenn eine Laufzeitdifferenz von 1,1 ms zwischen den Seitenmikrofon und dem Mittenmikrofon erreicht wird. Wobei immer das Signals
des zweiten Seitenmikrofons dem der Mitte größer 1,1ms sein muss. Also wenn von rechts kommender Schall eine Differenz von kleiner gleich 1,1 ms zwischen
dem Mikrofonpaar RM erreicht und zwischen ML die Laufzeit größer 1,1 ms ist, so könnte in der Wiedergabe eine genaue Definierung der Schallquellen
vorgenommen werden. Doch ist hier zu beachten, dass das Gesetz der ersten Wellenfront von mehr als 1 ms durch eine Stereofonie ähnliche Lautsprecheraufstellung mit ausschließlich einem linken und einem rechten
Schallwandler +/- 40° zum Hörer ermittelt wurde. Gleichzeitig ist noch in der Laufzeitstereofonie die bekanntliche Klangfärbung bei Differenzen von mehr als
0,8 ms zu klären und wie diese sich auf das Gesamtbild der Aufnahme auswirken. Weiter nachteilig auf diese Mikrofonanordnung wirkt sich der zu
kleine Aufnahmebereich aus, der schon bei mittleren Hörereignissen einen größeren Bereich an Unschärfe hervorbringt. Durch den eng begrenzten Aufnahmebereich ist zu dem eine Tiefenstafflung nur begrenzt möglich.
Was wiederum bei der Abnahme eines großen Orchesters zu klangästhetischen Problemen führen kann, da die Mikrofonanordnung direkt über den Klangköper angebracht werden sollte.
Eine weitaus bessere Möglichkeit, ist die im voraus besprochene Mikrofontechnik zu erweitern. In dem man auf die aus der Stereofonie
bekannten Stütztechnik zurückgreift. Bei der Stütztechnik, wie schon im ersten Teil meiner Diplomarbeit besprochen, wird bei grossen Klangkörpern in den
meisten Fällen jede Klanggruppe einzeln abgenommen. Durch eine geeignete Panoramaeinstellung können die zusätzlichen Signale auf die drei Kanäle
links/mitte/rechts gelegt werden. Man muss auch hier auf die Laufzeitdifferenzen der Mikrofone der einzelnen Klanggruppen achten, denn zu große Unterschiede
wirken sich bei der Wiedergabe im Klangbild ziemlich unrealistisch aus.
Die Betrachtungsweise der stereofonen Perspektive ist prinzipiell auch auf die
3/2- Mehrkanaltechnik anwendbar. Die Perspektive der einzelnen Mikrofone bei der Polymikrofonie des 3/2 Mehrkanaltons entspricht derjenigen Polymikrofonie
bei der Stereofonie. Die resultierenden Phantomschallquellen wirken daher recht groß, was je nach Musikrichtung insbesondere für Aufnahmen im „E“-
Musikbereich, nicht immer erwünscht ist. Für die „U“- Musik jedoch ist diese Mikrofonanordnung wie das Pendant für die Stereofonie sicherlich sehr interessant.
Für die Anordnung bei der „E“- Musik kann sich jedoch noch ein weiteres Problem mit der Anordnung nach Bild 1 ergeben. Da wie erläutert die Abstände
der einzelnen Mikrofone zueinander nicht zu klein werden dürfen bzw. das Verhältnisse der Mikrofonabstandes zur Schallquelle nicht zu klein sein darf,
kann hier unter Umständen nur eine Distanz der Mikrofone zum Klangkörper gewählt werden, die für ein ästhetisch angebrachte Entfernungswahrnehmung zu
klein ist. Falls dann die Mikrofone weiter vom Klangkörper weggerückt werden, sind eventuell die Mikrofone nicht mehr unabhängig voneinander und es
kommt bei der Wiedergabe zu unscharf lokalisierbaren Hörereignissen und /oder aufgrund von Interferenzerscheinungen durch „Panning“ zu
Klangverfärbungen. Möglicher weise kann hier aber auch ein Kompromiss brauchbare Resultate liefern.