Die Überlegung bei diesen Verfahren ähnelt dem Verfahren der Polymikrofonie sehr. Während man bei der Polyfonie hauptsächlich mit einzelnen Mikrofonen arbeitet wird bei
diesem Verfahren mit Mikrofonpaaren gearbeitet. Wenn man davon ausgeht, dass es einen Abstand zwischen verschiedenen Mikrofongruppen vor einem Klangkörper gibt, bei dem diese Gruppen als unabhängig voneinander
gesehen werden können, so muss man lediglich dafür sorgen, dass Mikrofonaufstellungen mit den erforderlichen Laufzeit- und Pegelunterschieden für die linke und rechte Seite des Stereodreiecks mit
Mittenlautsprecher gefunden werden. Die jeweils einerseits entsprechende Phantomschallquellen hervorrufen und sich andererseits gegenseitig nicht beeinflussen. Doch wird hier bei diesem Verfahren nicht wie in
der Polyfonie mit drei Mikrofonen, für jeden einzelnen Kanal (plus die im bestimmten Fällen eingesetzten Stützmikrofone) gearbeitet. Sondern man arbeitet bei der universellen Hauptmikrofonanordnung mit zwei
Mikrofonpaaren. Wenn man das Signal des rechten Mikrofons, des linken Mikrofonpaares und das Signal des linken Mikrofons, des rechten Mikrofonpaares auf den Mittenlautsprecher schaltet und die beiden äußeren
Mikrofone der beiden Paare auf die beiden anderen Kanäle legt, bekommt man die volle Lautsprecherbreite wie sie bei der mehrkanaligen Wiedergabe erreicht wird.
Bei diesem Verfahren können nun unter Berücksichtigung ästhetischer Gesichtspunkte die einzelnen Variationen der Laufzeit- , der Intensitäts-, Äquivalententechniken angewendet werden. Sogar der Einsatz der
Trennkörperstereofonie ist mit entsprechend spezifischen gestalterischen Eigenschaften möglich. Die Parameter der einzelnen Verfahren, Mikrofonbasen,
Mikrofonversatzwinkeln etc. oder die Größenanordnungen der Laufzeit- und Intensitätsdifferenzen bieten einen weitläufigen Spielraum zur Verwirklichung klangästhetischer Vorstellungen.
Einige Untersuchungen ergaben, dass weder eine Lokalisationsveränderung, die sich durch Unschärfe oder Hörereignisverschiebung bemerkbar macht, noch eine
Klangfärbung, die von verschiedenen Pegel- und Laufzeitunterschieden hervorgerufen wird, sich im Klangbild der Aufnahme bemerkbar machen. Sogar
wenn ein kohärentes Signal mit nicht mehr als 7 dB, gegenüber dem lautesten bzw. frühesten Signalen des Lautsprecherpaares, auf den dritten Kanal abgestrahlt wird beeinträchtig das nicht nachhaltig das Klangbild.
Da man davon ausgehen konnte, dass der Korrelationsgrad zwischen den Signalen des linken und rechten Mikrofonpaares in einer bestimmten Anordnung
stets kleiner als eins ist sei eine Vereinfachung auf 6 dB erlaubt (wie in der Aufstellung in Bild 7 zu sehen ist). Dadurch konnte bei vielen Signalen des dritten
Lautsprechers eine Erhöhung vorgenommen werden, ohne eine Abweichung der Phantomschallquellen- orte wahrzunehmen.
Bekanntlich nehmen Schalldruck und Schallschnelle im Fernfeld proportional zum
Schallquellenabstand ab, im Nahfeld die Schallschnelle sogar mit dem Quadrat des Abstandes. Dann muss eine Schallquelle, die durch das ein Mikrofonpaar der Anordnung nach Bild 7 als Phantomschallquelle durch die
Summenlokalisation mit drei Frontkanälen wiedergegeben werden soll und zu diesem Mikrofonpaar den Abstand d1hat, zum anderen Mikrofonpaar mindestens den doppelten Abstand haben, also d2 > 2 mal d1. Im diffusen
Schallfeld ist häufig auch bei kleineren Verhältnissen die Unabhängigkeit gegeben, da die Korrelation der Mikrofone dann eher zufälliger Natur ist. Die
Aufnahmebereiche sollten sich zur Wahrung obiger Abstandsregeln und zur Vermeidung von Lokalisationunschärfen nicht überschneiden. Dabei müssen die
Aufnahmebereiche des rechten und linken Mikrofonpaares nicht gleich sein, sondern können unabhängig voneinander der jeweiligen Situation angepasst werden.
Es gibt auch bei der paarweisen Mikrofonaufstellung einige Nachteile die hier kurz erläutert werden sollen. Ein großes Problem stellt die Abbildung von
Klangkörpern nahe der Mittelachse dar, da sie sich außerhalb des Aufnahmebereiches der beiden Mikrofonpaare befinden. Das führt bei der Wiedergabe zu einer ausschließlichen Mittenlokalisation dieser Klangkörper in
der Lautsprecheraufstellung. Außerdem können in manchen Aufnahmesituationen nicht immer die geeigneten Aufstellungspositionen gefunden werden, um damit ein
unabhängiges Arbeiten der beiden Mikrofonpaare zu garantieren. Es ist immer abhängig vom Einsatzort , von der Größe des aufzunehmenden Klangkörpers,
des Volumens des Aufnahmeraumes und seiner Eigenklangcharakteristik. Auch sind die Gesichtspunkte der Klangästhetik nicht immer mit den Gegebenheiten
vor Ort auf einen Nenner zubringen, was wiederum der Aufnahme nicht unbedingt zugute kommt. Weithin tritt das Problem der Lokalisationsunschärfe bei mittleren Hörereignissen auf, wenn die Überschneidung der beiden
Aufnahmebereiche zu groß ist. Was meistens der Fall ist wenn der Radius des Mikrofonpaares falsch eingeschätzt oder ein zu kleiner Aufnahmeraum gewählt wurde.
Andere Schwierigkeiten treten auf, wenn das Mittensignal von der rechten und der linken Seite gespeist wird. Durch diese beidseitige Speisung kommt es zu
einer Anhebung des Centerkanals, der für ein unausgewogenes Klangbild bei der Wiedergabe sorgt. In diesem Fall ist es unumgänglich eine Absenkung des
Mittenpegels von ca. 3 dB vorzunehmen, um eine konstante Lautstärke wieder zu erreichen. Die dadurch entstehenden Pegeldifferenzen zwischen den Mitten-
und rechten- bzw. linken- Signalen führen zu einer Verschiebung, die durch die Mikrofonpaare hervorgerufene Lokalisation im Gesamtbild. Wenn ausschließlich
mit Pegelunterschieden gearbeitet wird, kann durch die Verschiebung der Mikrofonpaare nach außen, ähnlich der Intensitätsstereofonie, dieses Problem
behoben werden. Auch mit der Anpassung des Aufnahmebereiches können die selben Erfolge erzielt werden.
Bei der Arbeit mit reinen Laufzeitunterschieden kommt es in den meisten Fällen
auch zu einer Lokalisationsunschärfe des Mittenbereiches in der Lautsprecheraufstellung. Dies kann vermieden werden, wenn es sich in der Praxis als nicht notwendig erweist den Mittenkanal abzusenken. Außerdem
können durch Schallquellen, die sich nur leicht außerhalb der Mitte befinden keine größeren Laufzeitdifferenzen gebildet werden, die wiederum zu einer
Addition führen. Was sich negativ auf den Mittenkanal durch Kammfiltereffekten und Klangfärbungen auswirkt . Nicht zuletzt bewirken besonders die
unsymmetrischen Laufzeitdifferenzen, dass Phantomschallquellenorte mit einer paarweisen Laufzeitanordnung nicht streckenlinear innerhalb der
Lautsprecherbasis erzeugt werden können. Dies dürfte aber nur einen kleinen „Schönheitsfehler“ darstellen. Durch die sogenannte universelle
Hauptmikrofonanordnung, die sich in ihren Grundprinzipien auf die Stereofonie beziehen und dadurch schon bekannte und erwiesene Faktoren in eine
Surround- Aufnahme einfließen lassen kann, gibt es immer noch genügend experimentellen Freiraum für neue Aufnahmeverfahren.